Grußworte während dem Festakt zum 150 -jährigen Bestehen des Klosters Heiligenbronn und der sozialen Einrichtungen.
Gäste aus der ganzen Diözese feierten am 15. September mit den Franziskanerinnen von Heiligenbronn bei Schramberg deren 150-jähriges Klosterjubiläum.
Als heutige Aufgabe des Klosters, in dem noch 67 Schwestern leben, bezeichnete Generaloberin Schwester Judith Kaupp das Mitleben mit Bewohnern, Schülern und Mitarbeitern der Stiftung St. Franziskus als geistliche Zelle, die Weitergabe des Glaubens an jung und alt und das stellvertretende Gebet und Leiden.
Hubert Bernhard, Vorstand der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn, nannte die „gute und tragfähige Beziehung zur Schwesterngemeinschaft“ als Grundlage des Erfolgs der Stiftung. Im stärker werdenden Verteilungskampf sollten nicht nur die bedacht werden, die „am lautesten schreien“, sondern auch die Menschen, die am stärksten auf Begleitung und Assistenz angewiesen seien.
Die 150 Jahre Kloster bedeuteten auch 150 Jahre soziale Arbeit, erinnerte Staatssekretär Dieter Hillebrand vom Sozialministerium in Stuttgart. Die Herausforderung der Zukunft liege hier im Ausbau des ambulanten Hilfesystems und einer ortsnahen stationären Versorgung.
In Heiligenbronn, sagte Bischof Dr. Gebhard Fürst, habe „lebendige Hoffnung wirklich Hand und Fuß bekommen“. Die Kirche brauche die Kraft und das Glaubenszeugnis der Ordensgemeinschaften. In der Nachfolge des Evangeliums seien die Franziskanerinnen von Heiligenbronn „menschenempfindlich und weltfreundlich“ geblieben.
Die Festansprache hielt der Schweizer Kapuzinerpater Dr. Anton Rotzetter und ging auf das Heiligenbronner Gnadenbild der Pieta ein. „Wir sind Maria“, folgerte Rotzetter aus dem Auftrag der Fleischwerdung: „Wir sind nicht nur Kinder Gottes, Gott ist auch unser Kind.“
In seiner Predigt zum Festgottesdienst in der Wallfahrtskirche St. Gallus ging auch Bischof Fürst auf die Heiligenbronner Schmerzensmutter ein. Von diesem Bild und diesem Ort gehe große Kraft und Trost aus: „Der eigene Schmerz ist angenommen und aufgehoben in dieser Frau.“ Zum Abschluss des Gottesdienstes erklang dann das Heiligenbronner Wallfahrtslied.
Ewald Graf
Pressebericht zur Festansprache von P. Rotzetter
Der Schweizer Kapuzinerpater Anton Rotzetter überraschte die Festgäste im Elisabetha-Glöckler-Saal bei der Feier des 150-jährigen Klosterjubiläums von Heiligenbronn zunächst mit der Bitte, aufzustehen.
Bevor er seine Festansprache zur franziskanischen Spiritualität hielt, machte er kurzerhand angesichts der vielen Vorredner etwas Auflockerungsgymnastik mit den Zuhörern, damit sie seinen Ausführungen besser folgen könnten.
In seine Ansprache bezog der profunde Franziskus-Kenner auch die Heiligenbronner Geschichte mit ein. Rotzetter zeigte mit dem Gedicht „Wer ist ärmer als ein Kind?“ von Clemens Brentano die Motivation des Klostergründers David Fuchs auf, bezog sich aber genauso aufs Leitbild der Stiftung St. Franziskus und die neue Lebensregel der Ordensschwestern.
Der Sinn des dritten franziskanischen Ordens sei es gewesen, nicht nur die Armen fromm, sondern auch die Welt christlich zu machen. Der Name Maria, den jede Heiligenbronner Schwester trage, genauso wie das spätmittelalterliche Gnadenbild von Heiligenbronn seien Programm. Maria bedeute den Inbegriff von Kirche und Menschheit: „In uns so wie ursprünglich in ihr will Gott Fleisch werden. Wir sind nicht nur Kinder Gottes, Gott ist auch unser Kind.“ So rufe die Pieta die Fähigkeit des Mitleidens hervor: „das Leiden der Leidenden als eigenes Leiden zu erleben“, der Anteilnahme am Leiden der anderen über die eigenen Interessen hinaus. Franziskus wolle darüber hinaus das Leiden auch mildern und überwinden. Sein Rückzug aus der Gesellschaft war motiviert darin, auch selbst niemanden zu schädigen. Franziskus würde heute, folgerte der Pater, „aufhören, dem Leben, dem Klima, der Gerechtigkeit und dem Frieden zu schaden durch hemmungslosen Konsum und bedenkenlose Mobilität.“ Diese franziskanische Sensibilität für Ungerechtigkeit und Naturzerstörung würde er sich, bemerkte Rotzetter, in der heutigen franziskanischen Familie noch deutlicher wünschen. Dabei könnten Kirche und Orden von den Kommunen lernen, wie sie Steffen Andreae bei der Podiumsdiskussion von Marktplatz Kirche vorgestellt hatte, flocht Rotzetter ein, der selbst auch auf dem Podium gesessen hatte.
Ewald Graf